Familie C.
Hoffnung und Durchhaltevermögen
Das sind die wichtigsten Worte, die in den letzten Jahre mein Leben bestimmten.
So manches Mal verlor ich die Hoffnung und wollte aufgeben. Aber da stand mir das Team der Villa mit Rat und Tat zur Seite.
Die lange Odyssee
Durch verschiedenste schwere Schicksalsschläge wurde mein und das Leben meiner Tochter aus der Bahn geworfen. Das Zusammenleben mit ihr wurde zur Qual. Ich war mit meinem eigenen Leid beschäftigt und es fehlte mir die Kraft, die meine Tochter so dringend brauchte. Das harmonische Zusammenleben entwickelte sich zum Alptraum. Geprägt von täglichen Streitereien, Handgreiflichkeiten auf beiden Seiten, Respektlosigkeit und Angst um die Zukunft. Wie sollte das weitergehen?
Meine Tochter war „out of order“, kein Herankommen mehr. Schulschwänzen, Drogen und Alkohol standen auf der Tagesordnung. Ich wusste, wenn sie aus diesem Umfeld nicht herauskommt, geht sie unter. Bei meiner Recherche im Internet stieß ich auf die Seiten der Weißen Villa. Wenn es eine Institution gäbe, der ich meine Tochter anvertrauen würde, dann diese.
Das erste Vorstellungsgespräch bei Familie Spamer bestärkte mich bei diesem Wunsch.
Wenn ich mich schon von meiner Tochter trennen müsste, dann sollte sie hier unterkommen.
Somit begann der Kampf mit dem Jugendamt. Ein langer und erschöpfender Kampf. Fast ein Jahr dauerte er. Das Jugendamt Braunschweig wehrte sich anfänglich mit Händen und Füßen. Erst als mir eine Rechtsanwältin beiseite stand, wurden die Aussichten besser. Ausschlaggebend war Marias Aufenthalt in der Psychiatrie und das erste Treffen zwischen Herrn Spamer in Begleitung von Frau Morgenroth mit dem Jugendamt.
Im Januar 2009 konnte dann Maria in die weiße Villa einziehen. Es war zwar ein schmerzlicher Abschied, aber endlich hatte ich Hilfe und erreicht, wofür ich so lange gekämpft hatte.
Aber nun kamen die Zweifel. Wie konnte ich mein damaliges 14jähriges Mädchen weggeben? Was für eine Mutter war ich? Nur weil ich zu schwach war und mit der Situation nicht klar kam.
Familie Spamer und das Team nahmen mir meine Ängste. Ich sah, dass Maria hier gut aufgehoben war. Der erste Schritt war getan. Ein starkes Team stand jetzt an meiner Seite und unterstützte mich.
Was als vorübergehende Maßnahme gedacht war, entpuppte sich als langwierig. Viele Höhen und Tiefen durchschritten wir. Zeitweise wollte ich die Hoffnung aufgeben. Wochentags konnte ich aufatmen, da war Maria in der Villa untergebracht, aber die Wochenendheimfahrten und die Ferien waren zeitweise sehr problematisch. Beide Seiten hatten so große Erwartungen an einander, die der andere nicht erfüllen konnte. Und so eskalierte die Situation leider des Öfteren. Erst die Arbeit mit dem Enneagramm hat mich gelernt das Verhalten meiner Tochter und natürlich auch meines besser zu verstehen. Zuerst war ich sehr skeptisch, als ich bei meinem ersten Elternseminar davon erfuhr. Typisches Schubladendenken, jeder wird einem Muster zugeordnet und handelt deshalb dementsprechend. Das sollte die Lösung sein??? Ich hatte meine Zweifel.
Aber je mehr ich mich mit dem Thema befasste, desto deutlicher erkannte ich die Strukturen. Dank der Seminare, der intensiven Gespräche und der Lektüre über das Enneagramm bekam ich einen Einblick und erkannte ich die Möglichkeiten.
Nur wenn man sich selbst erkennt (wie man tickt), kann man etwas verändern. Man begreift den anderen besser. Versteht sein Verhalten.
Ich habe viele Reaktionen und Handlungen meiner Tochter immer auf mich bezogen und war gekränkt. Mittlerweile habe ich gelernt, dass sie gar nicht anders konnte. Erst durch das Auseinandersetzen und der Selbstreflektion, vor allem mit Hilfe des Enneagrammes, wurde mir klar in welcher Weise ich mein Verhalten ändern musste. Je länger man sich mit diesem Thema beschäftigt, umso besser kann man seine Mitmenschen einschätzen und entsprechend darauf reagieren. Dies äußert sich auch positiv in Beziehung zu anderen Personen.
In der Theorie ist es natürlich einfach, aber trotzdem bleibt die Umsetzung das Wichtigste und auch das Schwierigste. Es bedeutet ein hartes Stück Arbeit nicht wieder in alte Gewohnheiten zu verfallen. Ich bin froh, dass ich einen Einblick ins Enneagramm gewinnen durfte und somit einen Weg gezeigt bekam, mich und meine Tochter besser zu verstehen.
Nach 4 ½ Jahren verlässt Maria die Einrichtung und wird in Zukunft ihren eigenen Weg gehen müssen. Sie hat viel erreicht und sich positiv verändert. Struktur zu erarbeiten und sich zu organisieren wird ihr wahrscheinlich noch lange schwer fallen, aber man erkennt eine positive Tendenz und viele Sachen erledigt sie nun doch recht selbständig.
Es war bestimmt nicht immer leicht mit meiner Tochter, aber ihr Charme und ihre fröhliche Art lässt vieles vergessen.
Ich möchte allen, die zu dieser Entwicklung beigetragen haben, herzlich danken und wünsche weiterhin viel Erfolg und Geduld bei dieser schwierigen Aufgabe.